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Schweizerische Rettungsflugwacht Rega, zur Startseite

Sturz aus vier Metern Höhe

Ein kleines Kind stürzt beim Spielen im Hotel vier Meter in die Tiefe. Ein Hausarzt, der Rettungsdienst und die Rega-Crew aus Samedan arbeiten Hand in Hand, um den Jungen zu versorgen und möglichst rasch ins nächstgelegene Zentrumsspital nach Chur zu fliegen.

Ein weiterer sonniger Wintertag neigt sich dem Ende zu. Die Engadiner Skipisten leeren sich allmählich, als die Rega-Crew der Einsatzbasis Samedan zu einem Einsatz gerufen wird. Oft ist die Crew an Tagen mit schönem Wetter pausenlos für verunfallte Wintersportler unterwegs, doch dieser Alarm führt die Crew nicht in ein Skigebiet: Mitten in Sils (GR) ist ein kleiner Junge verunfallt und benötigt dringend die Hilfe der Rega. Mehr weiss die Crew noch nicht, als Pilot und Basisleiter Giorgio Faustinelli auf der Rega-Basis Samedan die Triebwerke des Helikopters startet und kurz darauf abhebt, um in Richtung Südwesten in das nur wenige Flugminuten entfernte Dorf am Silsersee zu fliegen.

Details zum Einsatz im Flug

In der Luft lichtet sich die Ungewissheit etwas, denn die Crew von «Rega 9», so der Funkname des Engadiner Rettungshelikopters, erhält von der Rega-Einsatzzentrale weitere Informationen zum Einsatz, wie zum Beispiel die exakten Koordinaten des Einsatzortes – nicht wie früher per Funk, sondern direkt auf den «Electronic Flight Bag» (EFB), einen speziellen Tablet-Computer, mit dem die Crew Details zum Einsatz und zum Patienten sowie aktuelle Flugwetterdaten und umfangreiches Kartenmaterial abrufen kann.

Im Landeanflug

Noch in der Luft, im Endanflug auf den Einsatzort, erspäht die Besatzung des Rettungshelikopters das Fahrzeug des Rettungsdienstes in einer Seitenstrasse nahe des Hotels. Die aufgebotene Polizeipatrouille hat den Verkehr in der kleinen Strasse gestoppt und stellt sicher, dass der Helikopter gefahrlos landen kann. Pilot Faustinelli entscheidet sich für einen Landeplatz im Schnee neben einer Baumgruppe wenige Meter neben der Strasse und setzt den Rettungshelikopter sanft auf.

Zusammenarbeit am Einsatzort

Rega-Notarzt Joachim Koppenberg begibt sich sofort zum Ambulanzfahrzeug, wo der kleine Patient vom Rettungsdienst betreut wird. Der vierjährige Aaron war beim Spielen im Hotel über das Geländer einer Galerie geklettert und aus vier Metern Höhe auf einen Teppichboden heruntergefallen. Er blutet am Kopf. Ob er auch innere und somit unsichtbare Verletzungen hat, ist unklar. Das Hotelpersonal hatte sofort den benachbarten Hausarzt um Hilfe gerufen und den Rettungsdienst alarmiert. Es folgte ein Beispiel für die gut funktionierende Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Einsatzpartnern, die Hand in Hand arbeiteten: Für den Hausarzt, der den Jungen als Erster im Beisein der besorgten Mutter untersucht hatte, sowie für den Rettungsdienst war schnell klar, dass Aaron aufgrund der Höhe des Sturzes möglichst rasch in ein Zentrumsspital transportiert werden musste. Stürze aus grosser Höhe sind häufig Ursachen für mehrere gleichzeitig erlittene Verletzungen. Solche als Polytrauma bezeichneten Mehrfachverletzungen werden in der Regel in einem Schockraum behandelt, der zur Notaufnahme eines Zentrumsspitals gehört. Der Schockraum dient der Erstversorgung von schwerverletzten Patienten durch Spezialisten aus verschiedenen Fachbereichen. Für den schnellen und schonenden Transport von Aaron braucht es die Rega.

Übernahme des Kindes am Unfallort

«Sie hatten den Jungen bereits medizinisch versorgt und informierten mich über den Unfallhergang und den Zustand des Jungen», sagt Koppenberg rückblickend. Es sei jedoch wichtig, dass er sich beim Eintreffen am Unfallort und bei der Übernahme eines bereits medizinisch erstversorgten Patienten immer auch selbst ein Bild von dessen Gesundheitszustand mache, erklärt Koppenberg. Schliesslich könne sich der Zustand von verunfallten oder erkrankten Personen ständig ändern.

Flug nach Chur

Ausser einer Rissquetschwunde ist Aaron äusserlich nichts von seinem Unfall anzusehen. Aber mittlerweile ist er merklich ruhiger und in sich gekehrter als kurz nach dem Sturz. Gerade bei Kleinkindern können Schläfrigkeit oder Teilnahmslosigkeit Symptome einer schwereren Gehirnerschütterung sein. «Zu diesem Zeitpunkt konnten wir bei Aaron schwere Verletzungen im Kopf oder andere innere Verletzungen nicht ausschliessen. Deshalb kam für die weitere Behandlung nur das nächstgelegene Zentrumsspital in Chur infrage.» Für den Fall, dass sich Aarons Zustand plötzlich verschlechtern würde, habe man dort am meisten Behandlungsmöglichkeiten sowie eine Kinderintensivstation. Wenn Patienten in ein Zentrumsspital geflogen werden müssen, sind die Distanzen oft länger. Entsprechend wichtig ist es, die Verbindung zwischen peripheren Regionen, wie zum Beispiel dem Engadin, und den Zentrumsspitälern bei jedem Wetter sicherzustellen.

Mit dem Plüschhelikopter in die Luft

Während Notarzt Joachim Koppenberg und Rettungssanitäter Peter Caviezel die Trage mit dem kleinen Aaron für den Abflug vorbereiten, informiert Pilot Giorgio Faustinelli die Rega-Einsatzzentrale über das Zielspital und die Verdachtsdiagnose. Die Einsatzleiterin am anderen Ende der Leitung wird Aaron im Kantonsspital Chur anmelden. So kann sich das Spitalpersonal auf den jungen Patienten vorbereiten und ihn im Schockraum in Empfang nehmen. Auch Aarons Mutter fliegt mit. «Wenn es möglich ist, einen Elternteil mitzunehmen, machen wir das», sagt Koppenberg. Gerade für die kleinen Patienten sei es wichtig, ein vertrautes Gesicht im Helikopter und später auch im Spital dabei zu haben. In der ungewohnten Situation vermittle dies den Kindern ein Gefühl der Sicherheit. Vorne im Cockpit beginnt Faustinelli mit den Startvorbereitungen, hinten in der Kabine setzt Koppenberg einen kleinen Plüschhelikopter auf die Trage in Aarons Blickfeld. Mit diesem führt der Notarzt dem kleinen Patienten spielerisch vor, wie der echte Helikopter gleich abheben und später landen wird, um ihm die Angst vor dem Flug etwas zu nehmen. Der Himmel ist wolkenlos, einem schnellen und schonenden Transport vom Engadin über den Julierpass nach Chur ins Zentrumsspital steht nichts entgegen.

Landung in Chur

Nach dem rund 20-minütigen Flug setzt Faustinelli den Rega-Helikopter des Typs AgustaWestland Da Vinci auf dem Landeplatz des Kantonsspitals Chur auf. Im Schockraum informiert Joachim Koppenberg das bereitstehende Spitalpersonal über den Unfallhergang sowie die bereits geleistete Erstversorgung und übergibt den jungen Patienten zur genaueren Abklärung und weiteren Behandlung. Später wird der Rega-Arzt erfahren, dass sich Aaron keine inneren Verletzungen zugezogen hat und sich vollständig von seinem Sturz erholen wird. Beim Rückflug ins Engadin senkt sich die Abendsonne langsam über den Horizont und taucht die Bündner Gipfel in goldenes Licht. Für Giorgio Faustinelli, Peter Caviezel und Joachim Koppenberg ist allerdings noch lange nicht Feierabend: Sie werden nach dem Eindunkeln einen weiteren Patienten aus dem Engadin ins Kantonsspital nach Chur fliegen.

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