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Schweizerische Rettungsflugwacht Rega, zur Startseite

Rettung aus der dunklen Wand

Fünf erfahrene und gut ausgerüstete Berggänger versteigen sich auf ihrer Tour und brauchen die Hilfe der Rega. Die Crew der Basis Bern befreit die jungen Frauen und Männer mithilfe der Rettungswinde aus ihrer misslichen Lage.

Es ist kurz nach 22 Uhr, als die Alarmmeldung bei der Crew der Einsatzbasis Bern eingeht: Fünf Bergsteigerinnen und Bergsteiger haben sich im Gebiet Aubert-Jumelle im Kanton Waadt verstiegen und müssen evakuiert werden. Die Vorbereitungen auf den Einsatz verlaufen ruhig, noch fokussierter als am Tag. Notarzt Richard Steffen steigt in das «Klettergstältli» für die eventuell bevorstehende Windenrettung und hängt sich zusätzlich zur Lampe auf dem Helm eine Stirnlampe um. Pilot Simon Luginbühl ist bereits mit den Startvorbereitungen im Helikopter beschäftigt. Rettungssanitäter Michael Siegenthaler zieht die Weste an, die er für seine Sicherung braucht, wenn er die Rettungswinde bedient, und prüft anschliessend die Funktionstüchtigkeit des sogenannten «Lip Light», eines kleinen Lichts am Mikrofon seines Helms, das er mit einer Bewegung der Lippen an- und ausschalten kann. «Die menschliche Leistungsfähigkeit ist in der Nacht nicht gleich gross wie am Tag. Umso wichtiger ist es, die Abläufe genau einzuhalten und sich noch konzentrierter als am Tag auf einen Einsatz vorzubereiten», erzählt Michael Siegenthaler.

Zeit, den Einsatz vorzubereiten

Für diesen Einsatz im hochalpinen Gelände kann sich die Crew auf die Unterstützung eines Rettungsspezialisten Helikopter verlassen, der von der Rega-Einsatzzentrale bereits aufgeboten wurde. Björn Dysli, Höhenretter bei Schutz und Rettung Bern, wartet am vereinbarten Treffpunkt bei der Wache der Berufsfeuerwehr und steigt dort in den Rettungshelikopter. Der anschliessende Flug zum Einsatzort dauert rund 20 Minuten. Zeit, den Einsatz vorzubereiten. Da die Bergsteiger mit der Rega-App alarmiert haben, sind die exakten Koordinaten ihres Standorts bekannt. Notarzt Richard Steffen studiert gemeinsam mit dem Rettungsspezialisten die Karte, und die Crew findet ganz in der Nähe der Blockierten einen kleinen Parkplatz neben einer grossen Wiese – ein optimaler Zwischenlandeplatz für die bevorstehende Evakuation. Der Anflug auf den Zwischenlandeplatz geschieht mit viel Umsicht: Das Display im Cockpit zeigt mehrere Kabel, die quer übers Tal verlaufen. «Kabel sind auch am Tag oft kaum erkennbar und sind für Helikopter äusserst gefährlich», meint Luginbühl. In den offiziellen Luftfahrthinderniskarten sind zudem nur die meldepflichtigen Kabel, die sich auf einer Höhe von mehr als 25 Metern befinden, erfasst. Damit auch niedrigere Kabel und Luftfahrthindernisse auf einer digitalen Karte im Cockpit angezeigt werden können, hat die Rega 2016 begonnen, tiefer liegende Hindernisse, wie beispielsweise Seilbahnen zur Alpversorgung, eigenständig in einer Datenbank zu registrieren. Die so erfassten Informationen stellt die Rega auch anderen Luftfahrtteilnehmern zur Verfügung. «Trotz dieser umfassenden Datenbank ist immer Vorsicht geboten – besonders in der Nacht, wenn die Kabel quasi unsichtbar sind», sagt Luginbühl.

Sehen dank Nachtsichtgeräten

Um in der Nacht besser zu sehen, nutzen die Cockpit-Crews der Rega Nachtsichtgeräte, sogenannte NVGs, die das Restlicht verstärken und eine bessere Sicht ermöglichen. Der Rega-Helikopter H145 hat aber in der Nacht noch ein weiteres Ass im Ärmel, um dem Piloten die Orientierung zu erleichtern: Am Helikopter befinden sich zwei äusserst leistungsstarke, bewegliche Scheinwerfer, die Luginbühl vom Cockpit aus steuern kann. «Das NVG und die Schweinwerfer kommen je nach Situation unabhängig voneinander zum Einsatz. Wenn ich durch das gute Licht der Scheinwerfer eine bessere visuelle Referenz nehmen kann, so nutze ich das NVG nicht. Es gibt aber viele Fälle, in denen das nicht möglich und das NVG unverzichtbar ist», erklärt der Rega-Pilot.

Rettungssanitäter bedient die Rettungswinde

Mit dem Nachtsichtgerät vor den Augen landet Luginbühl seinen Rettungshelikopter des Typs H145 sicher auf der Alpwiese neben dem kleinen Parkplatz und lässt den Notarzt Richard Steffen aussteigen. Steffen erklärt: «Wir müssen mehrere Rotationen fliegen, um die fünf Bergsteiger zu evakuieren, die sich an zwei verschiedenen Orten in der Wand befinden. Ich nehme sie dann am Boden in Empfang und löse sie vom Haken der Rettungswinde.» Derweil steigt die Maschine in die dunkle Nacht, um Björn Dysli bei der ersten Gruppe von Bergsteigern abzusetzen. Nun ist einmal mehr Präzisionsarbeit gefragt. Rettungssanitäter Michael Siegenthaler dirigiert seinen Piloten mit kurzen Kommandos genau über die Stelle, wo sich die Bergsteiger befinden. Rund 75 Meter oberhalb der Gruppe hält Luginbühl seine Maschine so ruhig wie möglich an Ort und Stelle, während Siegenthaler den Rettungsspezialisten an der Winde zu den Bergsteigern hinablässt. Einsätze mit der Rettungswinde bei Nacht sind für alle Crew-Mitglieder besonders herausfordernd. Während der Rettungssanitäter am Tag den Ort unter sich klar und deutlich sieht, ist das in der Dunkelheit um ein Vielfaches schwieriger: Distanzen sind schwieriger einzuschätzen, und der Windenhaken ist unsichtbar, sobald er aus dem Lichtkegel der Scheinwerfer verschwindet. An diesem Tag kommt erschwerend hinzu, dass der Föhn stark bläst. Erfahrung, Präzision und ein tiefes Vertrauen in die Fähigkeiten der anderen Crew-Mitglieder sind der Schlüssel zum Gelingen einer nächtlichen Rettung mit der Winde.

Mit Bergedreieck gerettet

Bei den Bergsteigern angekommen, bereitet Dysli diese für die Evakuation vor. Er legt ihnen das Bergedreieck an, mit dem nicht oder nur leicht verletzte Personen in aufrechter Haltung transportiert werden können. Am Haken der Rettungswinde werden die insgesamt fünf Bergsteiger dann nacheinander zum Zwischenlandeplatz auf der Alpwiese geflogen, wo sie von Richard Steffen in Empfang genommen werden. «Sie waren erschöpft und froren, waren aber unverletzt und einfach nur erleichtert, dass die Sache so gut ausgegangen ist», meint Steffen. Wie waren die fünf erfahrenen und gut ausgerüsteten Berggänger überhaupt in diese missliche Lage geraten? Patrick K., einer der Geretteten, erklärt, dass die Gruppe die Tour sorgfältig geplant habe, die Wegfindung aber schwierig und der Schwierigkeitsgrad der Tour stellenweise viel höher gewesen sei als angegeben. Sie hätten dann bei Einbruch der Dunkelheit zwei sichere Standplätze gesucht und die Rega zu Hilfe gerufen. «Ein guter Entscheid, der uns aber nicht leichtgefallen ist.» Notarzt Richard Steffen beruhigt die Gruppe und versichert ihnen, dass sie richtig entschieden haben: «Ich bin froh, dass ihr gesund seid. Das ist das Wichtigste. Es ist besser, rechtzeitig um Hilfe zu rufen, als unnötige Risiken einzugehen.» Die Verabschiedung ist kurz, die fünf Bergsteiger machen sich auf den Weg zu ihrem Auto, das ganz in der Nähe geparkt ist, und die Crew fliegt, nachdem sie den Rettungsspezialisten wieder auf der Wache abgesetzt hat, zurück zur Basis. Es ist halb ein Uhr morgens, als die Crew den Rettungshelikopter in den Hangar der Basis Bern schiebt.

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